Essstörungen bei Jugendlichen

Jedes fünfte der Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren in Deutschland zeigt Symptome von Essstörungen. Dabei sind Mädchen fast doppelt so häufige betroffen. Da Essstörungen lebensbedrohlich werden können, ist es wichtig, Warnzeichen früh zu erkennen.

Essstörungen und damit oft verbundenes Über- oder Untergewicht, werden noch viel zu oft als reine Ernährungsmängel verharmlost, die - nach allgemeiner Auffassung - mit einer entsprechenden Beratung behoben werden können. Doch Magersucht & Co. sind ernstzunehmende Störungen, die die Betroffenen nicht alleine bewältigen können.

Dabei gibt es nicht nur eine Ursache, sondern das Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren begünstigt die Entstehung der Erkrankung. Dazu zählen biologische Einflüsse, so steigt das Risiko für eine Magersucht bei Mädchen während der Pubertät an. Zu den sozioökologischen Ursachen gehört das vorherrschende Schönheitsideal, das in Werbungen und Medien gezeigt wird. Wenig Zuwendung ist eine der familiären Ursachen, die zu Entstehung einer Essstörung führen können. Aber auch individuelle Ursachen, wie traumatische Ereignisse zählen als Risikofaktor. Das Auftreten mehrerer Faktoren kann so die Entwicklung eines gestörten Essverhaltens begünstigen. Das ist meist ein schleichender Prozess, mit einem fließenden Übergang von eigensinnigem Essverhalten zur alltagsbestimmenden Sucht.

Kinder und Jugendliche sind für Essstörungen besonders anfällig, weil sie durch ihre Lebensphasen häufig mit Verunsicherung und Konflikten konfrontiert sind. Dieser stille Prozess und die vielfältigen Auslöser, die zu einer Essstörung führen können, machen es Eltern schwer, eine solche in der Anfangsphase zu erkennen. Wichtig ist deshalb, genau hinzuschauen und das Kind bei ersten Anzeichen offen, aber nicht vorwurfsvoll, anzusprechen. Einen ersten Hinweis darauf, ob dein Kind unter- oder übergewichtig ist, kann der BMI-Rechner für Kinder liefern, den du unter dem Punkt aktiv & gesund findest.

 

Eine Sucht mit verschiedenen Gesichtern

Eine Essstörung kann sich völlig unterschiedlich äußern. In jedem Fall  handelt es sich um Verhaltensstörungen rund um das Essen, mit oft schweren gesundheitlichen und psychischen Folgen. Abgesehen von Misch- und Sonderformen sind Magersucht, Bulimie und Esssucht die gängigsten Essstörungen.

 

Magersucht (Anorexia nervosa)

Bei Magersüchtigen kreisen die Gedanken ständig um das Essen, um ihr Gewicht und ihre Figur. Ein Anzeichen ist absichtlicher und selbst herbeigeführter Gewichtsverlust durch Hungern, möglichst geringe Kalorienaufnahme und übertriebene sportliche Betätigung. Betroffene haben eine gestörte Selbstwahrnehmung und empfinden sich als zu dick, auch wenn sie bereits untergewichtig sind. Die Gefahren ihrer Sucht und ihr krankhaftes Verhalten werden von den Betroffenen selbst oft nicht wahrgenommen.

 

Bulimie (Bulimia nervosa)

Betroffene leiden unter regelmäßigen und unkontrollierbaren Essanfällen, sie schämen sich dafür und verheimlichen diese. Das Gewicht von Bulimikern liegt meist im Normalbereich. Die große Angst vor Gewichtszunahme äußert sich in Erbrechen, Verwendung von Abführmitteln, Fasten oder exzessivem Sport. Das eigene Körpergewicht und die Figur haben einen sehr starken Einfluss auf das Selbstwertgefühl der Betroffenen.

 

Esssucht (Binge Eating Disorder) und Fettsucht (Adipositas)

Bei Ess- und Fettsucht nehmen die Betroffenen unter Kontrollverlust ständig oder in Essattacken deutlich mehr Kalorien auf, als sie eigentlich brauchen. Im Nachhinein ekeln sich die Betroffenen oft vor sich selbst und schämen sich. Das Risiko für Übergewicht und deren Folgen ist auf Grund fehlender Gegenmaßnahmen groß. Esssucht fällt meist erst dann auf, wenn die Kinder auffällig übergewichtig sind.

 

Verständnis und Hilfe bei Essstörungen

Was alle Menschen mit gestörtem Essverhalten gemeinsam haben, ist, dass ihre Gedanken ständig ums Essen und Nicht-Essen kreisen und sich ihr gesamtes Leben der Essstörung unterordnet. Dabei führen sie einen ständigen Kampf gegen sich selbst und verlieren dabei den Bezug zu normalem Essen und einem gesunden Körperbild. So empfinden sich selbst deutlich untergewichtige Kinder als zu dick und übergewichtige können trotz erster gesundheitlicher Probleme nicht aufhören, zu essen. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen leiden oftmals an psychischen Störungen, wie Depression und Angststörungen.

Getrieben von der Sorge, ihr Kind könne eine Essstörung bekommen, ist die erste Reaktion vieler Eltern auf ein gestörtes Essverhalten, ihrem Kind Essen aufzudrängen oder ihm Pommes & Co. zu verbieten. Besser ist es, das Kind auf die beobachteten Veränderungen anzusprechen und ihm Verständnis entgegen zu bringen, seine Sorge aber offen zu äußern. Wichtig ist das ehrliche Interesse an dessen Problemen und Gefühlen und dem Kind zu vermitteln, dass es nicht alleine ist, sondern dass man sich gemeinsam der Krankheit stellt. Auch wenn das Kind zunächst vielleicht beschämt oder abweisend reagiert, ist es wichtig, ihm Lösungswege aufzuzeigen und eine Adressliste mit verschiedenen Anlaufstellen zu geben. Ansprechpartner sind neben Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen vor allem auch Beratungsstellen, die sich auf Essstörungen spezialisiert haben. Im Ratgeber findest du dazu einige Links.

Überprüfe auch dein eigenes Verhalten: Wenn du selbst bei Frust zum Schokoriegel greifst oder ein extremes Schönheitsideal verfolgst ist es schwierig, deinem Kind etwas anderes zu vermitteln. Wer hingegen ein gesundes Verhältnis zu Essen mit einem ausgewogenen Essverhalten vorlebt, macht es seinem Kind einfacher, ebenfalls gesund mit Essen umzugehen.